Vernichtungsbefehl?

Es gab keinen Vernichtungsbefehl!
Was aber gab es 1904 in Deutsch-Südwestafrika?

Am 12. Januar begann der insgeheim vorbereitete Aufstand vieler -  nicht aller! - Hereros. Er richtete sich nicht gegen die Schutztruppe als  Trägerin der deutschen Ordnungsmacht, sondern gegen wehrlose Zivilisten.  In wenigen Tagen wurden 123 Farmer, Handwerker und Kaufleute auf grausame Weise ermordet, dazu fünf Frauen- acht weitere Frauen wurden mißhandelt und schwer verwundet.
Die überlebenden Deutschen finden in den größeren Orten vorläufige Sicherheit. Die schwache Schutztruppe, 700 Mann in einem Gebiet von der Größe Westeuropas, richtet sich dort zur Verteidigung ein.
    
Am 11. Juni trifft Hilfe aus dem Reich ein. Das Gros der Aufständischen zieht sich nach Norden in die Gegend des Waterbergs zurück und bezieht dort Stellung. Der Ort war strategisch günstig gewählt:sollte es dort nicht gelingen, die Deutschen zu schlagen, war mit den englischen Behörden ein Asyl im benachbarten Britisch-Betschuanaland vereinbart worden.
    
Die deutschen Truppen dagegen, zumeist afrika-unerfahrene Soldaten,  hatten erhebliche Schwierigkeiten, den Nachschub mit langsamen Ochsenwagen zum entfernten Waterberg zu organisieren. So war die maximale Stärke der deutschen Angreifer aus technischen Gründen beschränkt und der Zahl der Hererokämpfer deutlich unterlegen. Die Hereros waren keineswegs mit Schild und Speer bewaffnete Wilde, sondern zumeist mit modernen englischen Gewehren ausgerüstet.
    
Um die Deutschen zu demoralisieren, waren deutsche Gefangene grausam verstümmelt worden. Das erzielte allerdings eher die gegenteilige Wirkung. Dieser Krieg war ein typischer Partisanenkrieg mit allen für deutsche Soldaten unfaßbaren Auswüchsen.
    
Der Kampf am Waterberg am 11. August war keine Schlacht, sondern eine Reihe von Einzelgefechten auf einer Breite von ca. 40 km mit weiten Lücken. Für die Hereros war es ein leichtes, in der folgenden Nacht den vorbereiteten Marsch durch die Sandveld-Steppe - nun allerdings in panischer Eile - anzutreten. Die Flucht durch das Sandveld war von den Hereros gewollt, aber schlecht vorbereitet worden. Sie kostete vielen das Leben. Damit war aber auch der deutsche Plan einer Einkreisung und  Entwaffnung gescheitert.
    
Die von Kampf, Entbehrungen und Krankheiten geschwächte  Schutztruppe war nicht in der Lage, den Feind zu verfolgen. Außerdem gab es noch immer im ganzen Lande bewaffnete Hererogruppen, eine tödliche Gefahr für die geschwächte Truppe.
    
In dieser Situation wurde der angebliche ”Vernichtungsbefehl” als  Drohung gegenüber dem ausgebrochenen und vermutlich noch immer gefährlichen Feind erlassen. Es war kein ”Befehl”, dem Feind erteilt man keine “Befehle”, sondern eine psychologische Einschüchterung des Gegners. In der Substanz eine Art “Ausweisungsverfügung”, die den zum britischen Territorium ausgewichenen Hereros nachgesandt wurde. Der tatsächlich im Zusammenhang damit ergangene Befehl an die Schutztruppe sah ausdrücklich vor, auf Frauen und Kinder nicht zu schießen, sondern nur auf bewaffnete Herero(-partisanen).
    
Es war ein harter Kampf gegen einen nicht zu unterschätzenden, mit allen Partisanentricks vertrauten Gegner, der nur durch hartes Durchgreifen ohne übergroßen Blutzoll beendet werden konnte. Es gab keinen “Vernichtungsbefehl”! Mit einem Genozid, wie von manchen “Historikern” behauptet, hat die ”Schlacht am Waterberg” nichts zu tun. Daran ändert auch nicht die erst selektive und dann dramatisierte Zusammenstellung von vereinzelten bedauerlichen Ausnahmen. Daß damalige theatralische Siegesmeldungen der deutschen Führung solchen, heute politisch erwünschten, Fehlinterpretationen Vorschub leisten, mag sein, ist aber eine unwissenschaftliche Betrachtungsweise.
    
Bei unvoreingenommener Prüfung der historischen Fakten bricht die  Vökermordlegende in sich zusammen.

 

Ralph Schroeder,

Großhansdorf, im Mäz 2004

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